Nur 2% der Schmerzpatienten werden von Spezialisten behandelt

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    • Nur 2% der Schmerzpatienten werden von Spezialisten behandelt

      Elf Millionen chronische Schmerzpatienten: Nur 2% werden von Spezialisten behandelt

      In Deutschland leiden elf Millionen Menschen andauernd unter Kopf-, Gelenk-, Rücken-, Nerven- oder Narbenschmerzen. Aber nur 2% der Betroffenen werden von Ärzten betreut, die sich auf dem Gebiet der Schmerztherapie spezialisiert haben. Deshalb müssen viele Patienten unnötig chronische Schmerzen ertragen, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) im Vorfeld ihrer 64. Jahrestagung. Ihnen könnte die multimodale Schmerztherapie helfen: Dabei kombinieren Ärzte Verfahren wie Medikamententherapie, Patientenschulung, Psychotherapie, Entspannungsverfahren und Schmerzbewältigungstraining bis hin zur Implantation von Elektroden.

      "Meist bestehen die chronischen Schmerzen schon sehr lange", erläutert Dr. med. Susanne Stehr-Zirngibl, Chefärztin des Schmerztherapeutischen Zentrums am St. Vinzenz-Krankenhaus Düsseldorf. "Jeder fünfte Patient leidet seit mehr als zwanzig Jahren." Zu den häufigsten Schmerzarten zählen Kopf-, Gelenk- und Rückenschmerzen. Um die Beschwerden zu lindern, setzen Ärzte bei mehr als der Hälfte der Patienten Schmerzmittel in Form von Tabletten und Tropfen sowie Massagen ein, in etwa einem Drittel der Fälle Wärmebehandlungen und Schlammpackungen. "Das allein hilft aber meist nicht weiter", meint Schmerzspezialistin Stehr-Zirngibl. "Denn diese Therapien sind passiv, der Patient muss nicht selbst aktiv werden. Aktivierung ist aber dringend erforderlich."

      Zu den aktivierenden Verfahren gehören Krankengymnastik, Entspannungsmethoden, Schmerzbewältigungstraining und psychologische Anleitung. "Chronische Schmerzen sind häufig die späte Folge einer traumatischen Erfahrung in der Kindheit", berichtet Stehr-Zirngibl. "Viele Menschen stecken eine solche Verletzung zunächst weg. Aber wenn später ein einschneidendes Ereignis wie der Tod des Ehepartners, Arbeitsplatzverlust oder eine Operation hinzukommt, kann das Trauma wieder aufbrechen und sich mit chronischen Schmerzen äußern." In solchen Fällen hilft eine Kombination aus Antidepressiva und Aktivierung sowie Psychotherapie besonders gut, belegen Studien.

      Dauerschmerzen können aber auch Folge von Narbenbildung oder Nervenverletzungen bei einer Operation sein - Experten sprechen von "neuropathischen" Schmerzen. Sie treten beispielsweise nach Leistenbrucheingriffen oder wiederholten Rückenoperationen auf. Um diese Schmerzen zu lindern, implantieren Neurochirurgen in bestimmten Fällen auch Elektroden. Dabei legen sie die Elektroden entweder in die Nähe des Rückenmarks in den Wirbelkanal oder unter die Haut. Die Elektroden werden mit einer kleinen Batterie verbunden, die ebenfalls am Bauch oder Gesäß ins Fettgewebe eingepflanzt wird. So können die Elektroden leichte Stromimpulse abgeben, die die Weiterleitung der Schmerzsignale ans Gehirn verhindern sollen. Über den Einsatz dieser sogenannten neuromodulativen Verfahren diskutieren Experten auf der 64. Jahrestagung der DGNC.

      In Frage kommen Patienten, die unter ins Bein ziehenden Schmerzen nach Rückenoperationen, Morbus Sudeck oder Narbenschmerzen nach Leistenbruchoperationen leiden. "Bei bis zu 50% dieser Patienten mit neuropathischen Schmerzen haben neuromodulative Verfahren Erfolg", erklärt Prof. Dr. med. Volker Tronnier, Direktor der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Lübeck. Ob ein neuropathischer Schmerz vorliegt, klären Neurologe oder Neurochirurg in einer umfassenden neurologischen Untersuchung, die auch den Schmerz gezielt testet und analysiert. "Verursacht bereits das Bestreichen mit einem Wattebausch über die Leistengegend Schmerz oder unangenehme Missempfindungen, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein neuropathischer Schmerz vor", erklärt Tronnier. Bevor operative Maßnahmen wie die Implantation von Elektroden zum Einsatz kommen, sollten andere Verfahren im Rahmen der multimodalen Therapie ausgeschöpft worden sein.

      Quelle: Journal Med
    • Hallo liebe Ramona,

      > Nur 2% der Schmerzpatienten werden von Spezialisten behandelt

      Gibt es auch Erkenntniss dazu warum das so ist?

      Meine Eindrücke aus SHG und persönlichem Umfeld:

      - da muß ersteinmal ein Arzt/Facharzt eine Notwendigkeit oder einen Sinn drin sehen (das kann Monate/Jahre dauern)

      - Facharzttermine sind je nach Region mit recht langen Wartezeiten verbunden. In Kassel wartet man auf einen Facharzttermin 4-6 Monate. Meine Mutter wohnt im Ruhrgebiet, da entschuldigt man sich schon für 3-4 Wochen Wartezeit

      - In einigen Bereichen scheint es zu wenige Praxen zu geben: Rhematologie und Schmerzmedizin. Es gibt von der kassenärztlichen Vereinigung zwar einen Bedarfsplan, aber die Zählweise scheint da auch Probleme zu bereiten:

      kvmv.info/aerzte/25/10/Bedarfs…rfsplan_KVMV_12112013.pdf
      Zitat von Seite 3:

      Abweichungen zwischen den Arztzahlen nach Fachgebiet und Köpfen einerseits und deren Erfassung
      in den Planungsblättern andererseits können sich auch daraus ergeben, dass Ärzte in den
      Planungsblättern aufgrund eines bestimmten Tätigkeitsschwerpunkts (z.B. Psychotherapie,
      Schmerztherapie) nicht oder nicht vollständig nach dem Fachgebiet gemäß Weiterbildungsordnung,
      sondern nach dem Schwerpunkt der Tätigkeit erfasst werden. Ärzte, die im Rahmen des so
      genannten Job-sharings als Juniorpartner oder angestellte Ärzte tätig sind, werden zwar als in der
      vertragsärztlichen Versorgung tätige Ärzte gezählt,nicht jedoch in der Bedarfsplanung angerechnet.

      aok-bv.de/lexikon/b/index_00228.html
      Was ein ausgewiesener Bedarf ist....auch eine interessante Frage

      Jeden Falls sind einige Praxen so überfüllt, dass sie keine Patienten mehr annehmen können oder dürfen.

      - Oft beschweren sich die Fachärzte auch, dass bestimmte Untersuchungen nicht schon beim Hausarzt oder Internisten gemacht worden sind

      - Budgetproblem vs. Leitlinie: die Fragen bleiben:

      Schützt die Leitlinie das Budget der Ärzte bzw. im Regress-Fall?
      Was sind die rechtliche Aspekte von Leitlinien? Hätte ich einen Anspruch gemäß der Leitlinien diagnostiziert und therapiert zu werden?

      folgendes hatte ich im Netz zu den "Rechtliche Aspekte von Leitlinien" gefunden:
      aezq.de/aezq/kompendium_q-m-a/…-und-qualitaetsmanagement

      Durchaus interessant, aber keine Antwort auf die Abrechenbarkeit.

      Zur Leitlinien-Suche:
      awmf.org/

      Viele Grüße, Elke.