Isac schrieb:
Also ich finde es falsch, allen Übels Wurzel in der Kindheit/Erziehung zu sehen. Auch wenn das 99% der Therapeuten gerne diagnostizieren, aber das muss wohl an deren Lehrplan liegen.
Bei mir ist es z. B. so, dass in meinem Elternhaus das Thema Essen eine ganz hohe Wichtigkeit hatte. Das wurde mir sehr klar, als mein Sohn im Kleinkindalter nach meiner Trennung oft bei seinen Großeltern, also meinen Eltern, war. Mir wurde also dann von meinen Eltern berichtet: "heute waren wir im Schwimmbad, das war ein schöner Tag und danach waren wir noch essen" (natürlich Schnitzel mit Pommes) "heute waren im Museum, das war ein schöner Tag und danach waren wir noch essen" (natürlich Schnitzel mit Pommes) "heute waren im Wildpark das war ein schöner Tag und danach waren wir noch essen" .... Die Story lässt sich echt beliebig fortsetzen. Essen war eine Belohnung, so quasi das Sahnehäubchen. Wenn meine Eltern mein Kind eine Woche in den Urlaub mitnahmen, wurde mir danach akribisch berichtet, was es jeden Tag zu essen gab und auch sehr stolz, wie oft er kacken war (kein Witz). Als aus meinem dünnen Kind ein Moppel wurde, ging mir dann echt ein Licht auf und ich habe erstmals mein eigenes Essverhalten mit diesem Zusammenhang hinterfragt. Damals leider noch ohne es so richtig realisieren oder ändern zu können, aber tatsächlich esse ich auch gerne, wenn wir einen tollen Tag hatten und ich esse sehr gerne, wenn ich viel geleistet habe bei der Arbeit. Ich belohne mich. In meiner Verhaltenstherapie habe ich gelernt, dass ich mich natürlich auch anders belohnen kann. Mit einem Schaumbad. Mit einem schönen Telefonat (lässt sich nun auch fortsetzen). Oft genug tappe ich aber immer noch in die Falle. Ich komme nach Hause, bin völlig kaputt, weil ich viel, aber gut gearbeite habe und möchte essen.
Außerdem sehe ich grundsätzlich auch die Dauerverfügbarkeit des Essens als gesellschaftliches Problem, welches Übergewicht begünstigt. Man isst nicht mehr, weil man Hunger hat, sondern weil es an jeder Ecke etwas Leckeres gibt. Ständig. Überall. Immer.
Ich habe noch mehr Gedanken dazu, muss aber nun leider arbeiten gehen, haha.
Viele Grüße aus dem Süden, das Schäfle.
Der einzige Grund, warum man zurückschauen sollte, ist, zu sehen, wie weit man gekommen ist.
Der einzige Grund, warum man zurückschauen sollte, ist, zu sehen, wie weit man gekommen ist.