Trauer und Gefahr in alte Muster zu rutschen

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    • Trauer und Gefahr in alte Muster zu rutschen

      Hi Freunde,
      Habe heute erfahren, das mein Vater morgen von Normalstation auf Intensiv muss. Er ist 82 Jahre alt und ne nötige Herzoperation würde er wahrscheinlich nicht überleben, deshalb gehen seine Ärzte dieses Risiko nicht ein. Seine Herzklappe ist nicht richtig durchblutet und quick- und entzündungswerte zu hoch. Die Ärzte kämpfen um ihn, aber die wahrscheinlich ist groß, das er sterben wird. Aufgrund der Entfernung von über 7h Zugfahrt, Geldmangel durch Jahresendabrechnung Strom und Gas, und der Gefahr der Ansteckung mit Corona im Zug, kann ich auch nicht so einfach mal hinfahren.

      Jetzt suche ich nach Tipps, das ich diese schwierige Zeit überstehe ohne in alte Muster zu verfallen, wie zu süß essen und zu grasen.

      Termin beim Psychologen hab ich am 4.April wieder, werde dann mit ihm drüber reden, zwecks Trauerbewältigung, wenn es kommt, das mein Vater verstirbt.

      Vielleicht war schon jemand in ähnlicher Situation und hat paar Strategien auf Lager.

      Gruß Doreen
    • Ach Doreen, das ist traurig und natürlich eine Situation, die Angst machen kann. Mein Vater ist vor 6 Jahren gestorben, damals war ich noch dick und habe vermutlich gefuttert. Es ist gut, dass du Muster erkennst und schon vorher überlegst, was du für dich tun kannst. Ich würde vermutlich einen Brief schreiben. Ich weiß nicht, ob dein Vater noch in der Lage ist, ihn zu lesen. Aber das ist wahrscheinlich gar nicht wichtig. Wichtig ist, dass du alles aufschreibst, was du sagen möchtest oder würdest oder gern gesagt hättest. Alles, was dir absolut wichtig ist. Es ist nicht gut, Trauer oder Traurigkeit durch etwas zu ersetzen, dann wird sie nur betäubt und überdeckt. Wie durch beispielsweise falsches Essen. Das Aufschreiben ist schmerzhaft, rückt aber alles ins Bewusstsein. Wenn du deinem Vater nah sein möchtest, sieh ein Foto an und denke an ihn. Geh an Orten spazieren, vom denen du glaubst, sie hätten ihm gefallen (Wald, Wiese, See?), das bringt dich ihm näher. Höre Lieder, die er gern gehört hat. Häng vielleicht ein Bild aus deiner Kindheit auf, falls du eins hast. Sammle Erinnerungen, denn das sind die Schätze, die bleiben.
      Liebe Doreen, Abschied und Trauer gehören dazu und sind schmerzhaft, aber wertvoll. Kein süßes oder sonstiges Essen ist es wert, diese Erfahrung zu stören. Du kannst so stolz auf dich sein (und dein Vater auch!).
      Wenn du an einem Punkt bist, wo du noch andere Hilfe brauchst, findest du im Internet Trauerbegleitung von den Maltesern oder der Caritas.
      Jetzt habe ich so viel geschrieben, aber ich denke, das Essen wird nicht dein Problem sein. Das schaffst du! :knuddel:
    • Er hat Demenz. Dadurch kann er vieles eh nicht verarbeiten. Er kennt mich auch nur dick, war zu letzt November 2019 dort als er 80 wurde. Seit dem nicht mehr, Telefonieren auch schwierig gewesen die 2 Jahre aufgrund der demenz. Er würde mich nicht mehr erkennen. Hatte mama ein bild geschickt von mir und sie zeigte es ihm und fragte ihn, ob er mich erkennt. Er verneinte, erst als mama ihm mein dickes ich zeigte, und meinte das dünnere sei ich auch hat er es verstanden. Ich muss es als Erlösung sehen für ihn, wegen der Demenz, da er kaum noch was allein kann und mama ihn pflegt. Trotzdem wird es ne schwere Zeit. Hab Bilder von seinem 80er Geburtstag auf dem Handy, wo ich ihn sehen kann.
    • Es tut mir leid Doreen :knuddel: keine leichte Zeit für dich.

      Du bist schon mittendrin, im"nicht in alte Muster verfallen" uns setzt die ersten Strategien ein. Das ist dir vielleicht gar nicht so bewusst.

      • Anstatt deinen Kummer zu essen, erzählst du uns von deiner momentanen Situation
      • Und du denkst aktiv daran, was du eben tun kannst um nicht deine Gefühle zu essen und willst dir eine Strategie erarbeiten
      • Gleichzeitig hast du dich um einen zeitnahen Termin bei deinem Psychologen gekümmert
      Das sind schon drei richtig, wichtige Wellenbrecher die du da angeleiert hast. Perfekt.

      In schweren Zeiten hat mir zusätzlich noch immer geholfen, wenn ich die Sachen die mir gefährlich werden konnten, erst gar nicht in den Einkaufskorb wandern lies. Es reicht ja auch schon, wenn da noch die gefährlichen Sachen von deinem Mann und deinem Kind zu Hause liegt, müssen es nicht noch zusätzlich die eigenen sein.

      Und ich habe viel geplant. Ich habe mir am Abend überlegt, wie mein Esstag am nächsten Tag aussehen soll. Habe mir bewusst 4 - 5 kl. Mahlzeiten eingeplant, die sehr gesund waren. Damit war mein Magen immer voll und ein weiteres Grasen wäre gar nicht möglich gewesen.

      Sollte ich dann dennoch nicht an Naschsachen vorbeigekommen sein, habe ich versucht die dann bewusst zu essen und mir nicht deswegen auch noch böse zu sein. Was echt schwierig war .... aber ich habe mir quasi selbst die Erlaubnis gegeben, das jetzt essen zu dürfen. Damit hatte ich gleich weniger Lust darauf und habe entsprechend weniger genascht.

      Ich habe Ablenkungsmanöver gestartet. Bei mir selbst hat oft ein halbe Stunde in der Badewann geholfen. Was würde dir den helfen? Wenn du eine Freundin anrufen könntest? HIer wieder zu schreiben? Handarbeit oder etwas anderes Kreatives? Im Internet surfen? Es muss aber etwas sein, was schön für dich ist. Also für mich wäre früher niemals Sport als Ablenkung in Frage gekommen, das habe ich damals immer eher als Pflicht empfunden. Ich habe versucht mit zu erinnern, was mir vor meinem schweren Zeit Spass gemacht hat und habe dann eben das versucht.

      Und ich bin auch schon mal früher ins Bett gegangen, um die Lust auf unnützes Essen verschlafen zu dürfen. Ich gebe zu, das habe ich auch ab und zu während des Tages gemacht. Wenn die Lust mir gerade irgendwas in den Mund zu schieben so groß war und ich aber so fertig, das ich nichts mehr machen konnte (schreiben, reden, basteln, baden) dann habe ich mich auf´s Sofa verkrochen - Decke drüber und versucht ein paar Minuten zu schlafen.

      Das Wichtigste ist aber: es gibt keine 100 % in solchen Zeiten. Sei nicht so hart zu dir, wenn ein altes Muster mal kurzzeitig ausbricht. Je mehr du das in dem Augenblick aktzeptieren kannst, umso eher verzieht sich das alte Muster wieder. Immer wenn ich gegen etwas ganz hart angekämpft habe, hat es sich an mich gehangen, wie eine Klette. Habe ich es aktzeptiert, konnte ich mich leichter davon losmachen.

      Ich wünsche dir ganz viel Kraft für die kommende Zeit liebe Doreen. Und schreib dir hier alles von der Seele, wenn du möchtest. Das ist ein ganz toller Musterbrecher.
      Äh, das war ich nicht - diese komische Signatur
    • Den Psychologentermin hatte ich schon vorher, bin da eh alle 4Wochen ca. Werde ihn aber nutzen zu dem Thema, was logisch ist. Da ich zur Beerdigung nicht hinfahre, habe ich mir gedacht, das ich mich hier im Ort auf den Friedhof setze in der Zeit und ihnen so auch nahe sein kann. Friedhof und Kirche sind 3 Häuser weiter. Oder gehe an den Rhein, Vater liebte das Angeln früher, war im Anglerverein. Werde die Zeit auch überstehen, wie vor 3 Jahren, als Schwiegervater starb, in dessen Haus Männe und ich mit gewohnt hatten. Ist also nicht die erste Trauerphase, aber die erste seit Magenbypass.
    • Ich wünsche dir viel Kraft diese für dich schwere Zeit zu überstehen. Mein Vater ist vor zehn Jahren gestorben und ich habe erst davon erfahren als es schon fast zu spät war sich zu verabschieden. Und doch konnten sich alle vier toechter noch von ihm verabschieden. Vielleicht hilft es dir kirchliche Musik zu hören oder zu beten. Das es für ihn zu einer guten Lösung kommt auch wenn dies heißt ihn gehen zu lassen. Alles gute für diese schwere Zeit. :friends: :troest: :sonnenblumen:
    • Na ja Doreen, du bist doch wirklich sehr gut dabei, nicht in alte Verhaltensmuster zu fallen. Ich weiß nicht, ob ich das alles so gut gemeistert hätte, kurz nach der OP, wie du das gerade für dich Wuppst.
      Und auch, das du kurzfristig über deinen Papa mit der Therapeutin sprechen kannst.

      Ich konnte damals nicht auf die Beerdiung von meinem heißgeliebten Opa (war zu der Zeit auf einem Schiff arbeiten) und auch von meiner Oma (da war ich gerade in der Schweiz arbeiten) Abschied nehmen.
      Aber ich weiß noch, ich habe an den Beerdigungstagen für mich ein Kerzlein angezündet, meine Lieblingsmusik gehört und auch Gebetet. Damals war das noch das "Vater unser" und das "Gegrüßet seist du Maria".
      Heute halte ich eher Zwiesprache mit Gott, bete also frei heraus von der Seele.

      Du überlegst dir ja schon ganz viel, was du tun könntest. Aber denk auch daran, noch ist ein Papa unter den Lebenden.
      Telefonier mit deiner Mama und unterstützt euch vielleicht auch gegenseitig am Telefon - wenn sie das überhaupt möchte. Jeder ist ja anders gestrickt.
      Äh, das war ich nicht - diese komische Signatur
    • Hallo Freunde,

      Vor ner halben Stunde erhielt ich den Anruf von meiner Mama, das Papa heute vormittag verstorben ist. Habe für mich entschieden nicht hinzufahren zur Beerdigung. Meine Schwester ist schon bei meiner Mama und ist für sie da und ich denke die zwei Schwestern von Mama und ihre Partner sind auch im Ort. Ich kann die Trauer hier daheim bei meinem Mann besser verarbeiten und hab auch mehr Ablenkung hier.
    • Das tut mir sehr leid.
      Ich finde es total bewundernswert wie du auch in solch einer Situation auf dich achtest und wie wichtig du dir bist.
      Ich denke du bist schon einen sehr großen Schritt in deinem Leben gegangen und wirst bei so viel Umsicht nicht in alte Verhaltsweisen fallen.
    • Liebe Doreen, mein Beileid.
      Du hast es gut gemacht, dass du dich schon vorher damit beschäftigt hast. Du hast jetzt einige Ideen, was du tun kannst, um die Trauer zu bewältigen. Ich wünsche dir ebenfalls Kraft und Ruhe und Zuversicht.
    • Bin mit Trauerbewältigung schon bissel geübt. Der Tod vom vater meines Mannes ist erst 3 Jahre her. Und mein Mann und ich wohnten 17 jahre bei ihm mit im Haus. Dadurch war die Bindung zu seinem Vater auch sehr stark.

      Höre mir gerade von Santiano das Lied. "Die letzte Fahrt" an. Vater mochte das sitze am Wasser und zu angeln. Und das sitze am Wasser, sprich am Rhein, habe ich vorhin schon ne 30min dort gesessen. Ich muss der trauer erstmal freien Lauf lassen und nicht durch Ablenkung verdrängen.

      Gruß Doreen

      PS. Danke für eure Beileidsbekundigungen
    • Mein aufrichtiges Mitgefühl Doreen.
      Ich bewundere deine Stärke und deinen Umgang mit dem Tod deines Vaters - Trauererfahrung mit dem Schwiegervater hin oder her.
      Der eigene Papa ist halt doch noch ein klein wenig anders.
      Schön das du in dieser schweren Zeit so toll auf dich achten kannst.
      Ich wünsche dir viel Kraft und Zuversicht für die kommende Zeit.
      Äh, das war ich nicht - diese komische Signatur
    • Mein Beileid @Soaki
      Auch ich finde es bemerkenswert, wie du trotz der Trauer auf dich achtest! :knuddel:
      Viele Grüße aus dem Süden, das Schäfle.

      Der einzige Grund, warum man zurückschauen sollte, ist, zu sehen, wie weit man gekommen ist.
    • Da legt man sich eigentlich ins Bett zum schlafen und schon rattern einem Sätze in den Kopf in Form eines persönlichen Abschiedsbriefes an meinen Dad. Welchen ich an meine mama schicken kann und sie gibt es dem Trauerredner zur Verlesung. Musste doch glatt nochmal aufstehen und alles notieren.
      Grober Inhalt des Briefes: Entschuldigung wegen meinem nicht erscheinen. Aus persönlichen Gründen
      Ne Kindheitserinnerung mit ihm.
      Und Abschiedsworte
      Werde mir jetzt noch was im TV anmachen, um abzuschalten und dann nochmal versuchen zu schlafen.

      Gruß Doreen
    • Das ist ganz verständlich. Ein Brief ist eine gute Idee :knuddel:
      Nach der Beerdigung wird es sich noch einmal verändern, dann kommt der Kopf ein wenig zur Ruhe. Ich erinnere mich sehr gut daran, als mein Vater gestorben war. Es ist nicht das wichtigste, körperlich bei einer Beerdigung anwesend zu sein, sondern die gedankliche Auseinandersetzung. Ich war auch seit der Beerdigung nie am Grab meines Vaters. Aber das muss auch nicht sein.
    • Hallo Soaki,
      Herzliches Beileid!
      Mein Vater ist auch viel zu früh an Krebs gestorben und mich traf das damals wie ein Schlag, obwohl es schon länger klar war, dass keine Chance besteht. Leider!!!
      Ich war noch nicht operiert und habe jeden Tag eine Tüte Chips verputzt. Bis auf 140 kg bei 1,56 m rauf.
      Du musst gut auf dich aufpassen, aufmerksam sein und notfalls die Bremse ziehen.
      Ich befand mich da irgendwie in einem Strudel und konnte nicht mehr raus.
      Nach einiger Zeit konnte ich dann neuen Mut fassen und ging ins Az.
      Du hast die OP schon hinter dir. Das ist sehr gut so. So verlierst du dein Ziel nicht und bleibst am Ball.
      Ich drücke dir die Daumen!!!
      Liebe Grüße zaubermaus78 :love: