Erst Reflux, dann Anämie

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Erst Reflux, dann Anämie

      Bei einer längerfristigen Therapie mit Säureblockern, etwa aufgrund einer gastroösophagealen Refluxkrankheit, besteht ein erhöhtes Risiko für eine Eisenmangelanämie. Vorsichtsmaßnahmen sind insbesondere bei älteren Frauen angezeigt.

      Mögliche Auswirkungen von säuresupprimierenden Behandlungen auf den Eisenstoffwechsel müssen stärker und vorausschauender beachtet werden: Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam aus Taiwan, das den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) und/oder H2-Antagonisten und einer Eisenmangelanämie (iron-deficiency anaemia, IDA) untersucht hat. Ihrer Studie zufolge steigt das Risiko mit der Dauer der Säureblockertherapie und betrifft verstärkt ältere Frauen.

      verfasst von: Dr. Beate Schumacher
      Copyright by SpringerMedizin


      IDA-Risiko verdoppelt
      Für die Fall-Kontroll-Studie wurde die Forschungsdatenbank von Taiwans staatlicher Krankenversicherung herangezogen. 5326 Erwachsene mit einer neu diagnostizierten IDA (zu 88% Frauen) wurden 21.304 passende Kontrollen ohne IDA gegenübergestellt. Eine der Diagnose vorausgehende Langzeittherapie mit Säurehemmern, definiert als Einnahme von PPI und/oder H2-Antagonisten über mindestens zwei Monate, fand sich bei 215 Fällen und 282 Kontrollen. Damit bestand bei den langfristig Behandelten, wenn Begleiterkrankungen und -medikationen berücksichtigt wurden, eine mehr als doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Jahres eine IDA zu entwickeln, wie bei Personen mit kürzerer oder ohne Säureblockertherapie (adjustierte Odds Ratio, aOR 2,4). PPI waren dabei durchgängig mit einer höheren IDA-Rate assoziiert als H2-Antagonisten (aOR 4,0).

      Dosisabhängige Beziehung
      Das IDA-Risiko stieg außerdem mit der Dauer der Behandlung. Nach sechs Monaten unter PPI und/oder H2-Antagonisten war es mehr als viermal (aOR 4,6) und nach neun Monaten fast achtmal so hoch (aOR 7,7) wie bei fehlender oder weniger als zweimonatiger Therapie. Der Anstieg des IDA-Risikos blieb signifikant, wenn nur Frauen betrachtet wurden (aOR 2,2). Bei den über 50-jährigen Frauen war die Assoziation besonders deutlich (aOR 2,7).
      Ursächlich für den Zusammenhang ist primär die beeinträchtigte Resorption von Nicht-Häm-Eisen: Niedrige pH-Werte fördern die Reduktion von dreiwertigem zu löslichem und besser resorbierbarem zweiwertigem Eisen; durch Säurehemmer wird diese Umwandlung behindert. Bei PPI kommt noch ein zweiter Mechanismus hinzu: Sie hemmen die Eisenresorption und -nutzung auch über den Hepcidin-Ferroportin-Weg. Das könnte mit ein Grund für das unter PPI im Vergleich zu H2-Antagonisten höhere IDA-Risiko sein.

      Hemmschuh für orale Eisentherapie
      Die Studiengruppe aus Taiwan ruft dazu auf, bei einer geplanten oder bestehenden Langzeittherapie mit Säurehemmern auf das IDA-Risiko zu achten und Patientinnen und Patienten entsprechend aufzuklären. Für den Fall, dass eine IDA auftrete und eine Fortführung der säuresupprimierenden Therapie unumgänglich sei, sollten, da PPI ihre maximale Plasmakonzentration erst nach ein bis fünf Stunden erreichen, mindestens sechs Stunden Abstand zur Einnahme von Eisen eingehalten und das Eisen bevorzugt zu Mahlzeiten eingenommen werden. „Säurehemmer sind ein Risikofaktor für IDA und ein Hemmschuh für eine Eisentherapie“, so die Forschenden.