Verstopfung

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Verstopfung

      Bei Obstipation (Verstopfung, Darmträgheit) ist die Darmentleerung erschwert, unvollständig, oder sie erfolgt zu selten. Mehr zu den Ursachen und was hilft.

      Wann liegt überhaupt eine Verstopfung vor?

      Die Häufigkeit der Darmentleerung schwankt von Mensch zu Mensch. Ein Richtwert ist eine Frequenz von mindestens dreimal pro Woche – so verhält es sich jedenfalls bei den meisten. Von einer Verstopfung ist auszugehen, wenn der Darm mindestens drei Monate lang weniger als dreimal pro Woche entleert wird und der Stuhl dabei meist zu fest ist. Außerdem müssen mindestens zwei weitere Kriterien erfüllt sein. So erfordert die Diagnose Obstipation, dass ständig starker Pressdruck aufgebracht werden muss und dass ein Gefühl der unvollständigen Entleerung oder der Blockierung am Darmausgang vorhanden ist. Die Erfahrung, dass auf die (genannte Dreimonats-) Dauer nur Abführmittel zum gewünschten Erfolg führen, ist oft Teil des meist chronischen Problems. Ärzte beschreiben ansonsten eine Obstipation noch mit detaillierteren Kriterien.

      Von dieser chronischen Darmträgheit wird die akute Obstipation unterschieden. Streikt der Darm plötzlich, so reicht das Spektrum von harmlosen Schwankungen wie bei der oben beschriebenen situativen Verstopfung bis zu einer dringlichen Behandlungssituation oder einem Notfall. Dabei kann es sich um eine funktionelle Darmlähmung oder einen mechanischen Darmverschluss handeln (siehe unten).

      Viele Menschen haben den Eindruck, verstopft zu sein. Durch einen trägen Darm fühlt sich mehr als ein Drittel der Bevölkerung belastet, Frauen wesentlich häufiger als Männer. Angesichts des mit dem Problem verbundenen Unbehagens sind Abführmittel natürlich willkommen. Die vorübergehende Einnahme kann auch durchaus sinnvoll sein. Auf Dauer aber reagiert der Darm kontraproduktiv: Seine Ansprechbarkeit auf Füllungsreize lässt nach, zudem kann es zum Kaliummangel kommen (siehe 1.4). Das provoziert erneut eine Verstopfung. Ärzte nennen sie Pseudoobstipation, weil sie sich erst durch den Abführmittelmissbrauch (Laxanzienabusus) entwickelt. Besser wäre es, den Versuch zu machen, ohne Abführmittel auszukommen und den Lebensstil darmfreundlicher zu gestalten (vgl. 1.1 und Abschnitt „Therapie“). Ob überbrückend andere Maßnahmen notwendig sind, um den Darm auf Trab zu bringen, entscheidet am besten der Arzt.

      Eine Regel lautet: Veränderungen der Stuhlgewohnheiten, die sich nicht binnen kurzem von selbst wieder legen, müssen immer abgeklärt werden. Dies im Blick, wird der Arzt bei ungewohnter Verstopfung prüfen, ob weitere Untersuchungen beim Gastroenterologen, also einem Facharzt für Magen-Darm-Erkrankungen, ratsam sind. Er wird sie auf jeden Fall veranlassen, wenn sie sich aufgrund der Beschwerden und ersten Untersuchungsbefunde als notwendig erweisen.

      Dass extreme Verstopfung zu einem kompletten Stuhlverhalt durch blockierende Kotballen (Fachbegriff: Koprostase) führt, ist bei sonst gesunden Menschen eher selten der Fall. Entsprechende Ängste sind also in der Regel unbegründet, ebenso Ängste vor einer „Vergiftung“ des Körpers.
      Diagnose

      Die Untersuchung beginnt mit dem Gespräch über die Beschwerden. Eine der wichtigsten Fragen lautet, wie lange die Verstopfung schon besteht (siehe die oben genannten Kriterien zur Definition der Verstopfung). Denn es gibt auch angeborene Störungen der Darmtätigkeit. Außerdem interessiert den untersuchenden Arzt, ob weitere Auffäligkeiten vorliegen. Das können zum Beispiel eine wechselhafte Stuhlbeschaffenheit und -frequenz, Auflagerungen, zum Beispiel Schleim oder Blut im Stuhl oder am After, oder Farbveränderungen sein. Der Arzt muss auch wissen, ob in letzter Zeit Bauchschmerzen, stärkere Blähungen oder gar eine Überblähung, die sich nicht mehr richtig löst, aufgetreten sind. Hat(te) der Betroffene Fieber, eine Infektionskrankheit, hat er oder sie an Gewicht verloren oder zugelegt, wie steht es mit dem Appetit? Gibt es andere Krankheiten oder Beschwerden, beispielsweise Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenprobleme, eine Erkrankung der Gallenblase oder anderer Oberbauchorgane?

      Zur körperlichen Untersuchung durch den Arzt gehört bei Obstipation immer die rektal-digitale Austastung, also die Tastuntersuchung des Enddarmes mit dem Finger. Die apparative Diagnostik reicht von Laboranalysen über eine Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane und einer anteiligen oder kompletten Darmspiegelung mit Gewebeentnahme über bildgebende Verfahren wie Computer- und Magnetresonanztomografie bis zu sehr speziellen technischen Prozeduren. Eine solche ist zum Beispiel die Messung der Transitzeit, die zur Diagnose bestimmmter Verstopfungsformen beiträgt (siehe Punkt 3). Außerdem kann es nötig sein, Ärzte verschiedener Fachrichtungen zu Rate zu ziehen, von der Proktologie (Fachkunde für Enddarmerkrankungen) oder Urologie über die Gynäkologie (Frauenheilkunde) bis zum Nervenarzt (Neurologe).
      Ursachen

      Der menschliche Darm ist im Durchschnitt acht Meter lang. Er besteht aus dem Dünndarm und dem Dickdarm. Dieser setzt sich aus dem Blinddarm, dem Grimmdarm (Kolon) und dem Enddarm zusammen. Zum Enddarm gehören der Mastdarm (Rektum) und der eigentliche Darmauslass mit seiner Schließmuskelkonstruktion (After, Anus oder Analkanal, auch Kontinenzorgan genannt). Die Auskleidung des Analkanals entspricht feingeweblich Übergängen von der äußeren Haut zur inneren Darmscheimhaut. Während der innere Schließmuskel nicht willkürlich beeinflussbar ist, unterliegt der äußere der bewussten Kontrolle. Wenn von Verstopfung die Rede ist, so bezieht sich dies entweder auf eine veränderte oder behinderte Kolonpassage des Darminhalts, die normalerweise durch ergiebige Pump- beziehungsweise Durchwalkbewegungen (Peristaltik) der Darmmuskulatur zustande kommt, oder auf Entleerungsstörungen.

      Somit wird die chronische Verstopfung in drei Gruppen eingeteilt:

      - Funktionelle Ursachen (1)

      - Entleerungsstörungen im Bereich des Enddarms /Afters (anorektale Verstopfung oder Outlet-Obstipation) (2)

      - Langsamer Transport (Slow-Transit-Obstipation) (3)

      - Normal-Transit-Obstipation: Reizdarmsyndrom vom Verstopfungstyp (4)

      1. Funktionelle Verstopfung

      1.1 Gewohnheitsmäßige (habituelle) Verstopfung beruht auf Lebens- und Arbeitsgewohnheiten, die einer geregelten Darmtätigkeit zuwiderlaufen. Bei einer Ernährung, die arm an Ballaststoffen ist, und bei unzureichenden Trinkmengen (Achtung: Flüssigkeitsverluste auch durch Schwitzen berücksichtigen!) ist das Stuhlvolumen zu gering. Dann wird die Darmwand zu wenig gedehnt und damit kaum noch zum Vorwärtsbewegen des Inhalts gereizt. Bei entsprechend sinkender Entleerungsrate nimmt die Darmwand aus der stehenden Füllung mehr Flüssigkeit auf – ein Teufelskreis entsteht. Bewegungsmangel, ständiges Aufschieben des Stuhlgangs und Stress sind weitere darmunfreundliche Angewohnheiten oder Umstände.

      Auch Menschen, die beruflich wechselnden Tag-Nacht-Rhythmen ausgesetzt sind, klagen sehr häufig über Verstopfung: Ob es rastlos durch die Welt jettende Langstreckenreisende sind oder Angehörige von Pflegediensten, die nächtelang Schichtarbeit leisten – sie und viele andere Berufsgruppen leben mit dem situationsbedingten Übel über Jahre.

      Situationsbedingt oder situativ ist auch die Verstopfung bei vorübergehender Bettlägerigkeit und /oder Fieber (siehe Bewegungs- und Flüssigkeitsmangel, 1.1). Eine schon bestehende Verstopfung wird durch Krankheiten, die den Betroffenen ans Bett fesseln und allgemein schwächen, häufig verschlimmert.

      Selbsthilfe: Ohne spezielle Therapie lässt sich alles dies oft durch eine Umstellung des Lebensstils ändern. Pro Tag sollte man 30 Gramm Ballaststoffe zusammen mit bis zu zwei oder drei Liter Flüssigkeit aufnehmen, falls dem medizinisch nichts entgegensteht. Das Ballaststoff-Soll entspricht zum Beispiel fünf Portionen Obst oder Gemüse einschließlich Hülsenfrüchten, falls sie vertragen werden. Vollkorn-Müsli und andere Nahrungsmittel aus vollem Korn, Trockenfrüchte und Beerenobst dürfen miteingerechnet werden. Ballaststoffe erhöhen zusammen mit der aufgenommenen Flüssigkeit das Stuhlvolumen und beschleunigen so die Darmpassage. Sie sollen auch dazu beitragen können, das Risiko für Krebserkrankungen zu senken, zum Beispiel für Brustkrebs. Beim Darmkrebs ist das nicht so klar. Zumindest punktet aber regelmäßige körperliche Bewegung auch bei der Vorbeugung verschiedener Krebskrankheiten wie etwa Dickdarmkrebs oder Brustkrebs. Für die Ballaststoffe spricht außerdem, dass sie zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes beitragen. Wer mit dem Rauchen aufhört, erweist sich und seiner Gesundheit auf jeden Fall einen guten Dienst. Was die anfängliche Neigung zur Verstopfung angeht, so können die genannten Ratschläge auch hier über den Berg helfen. Dass Genussmittel wie Koffein den Darm anregen können, während Schokolade oder Kakao ihn bremsen, ist allgemein bekannt. Alles, was verstopfend wirkt, beispielsweise auch Weißbrot, ist bei Neigung zu Verstopfung natürlich tabu.

      Zeigt die Umstellung des Lebensstiles einschließlich zusätzlicher Aufnahme von Ballaststoffen und eines Abführmittels nach ärztlicher Weisung keine Wirkung oder liegen keine habituellen Faktoren und auch nachweislich keine fassbaren organischen Ursachen für die Verstopfung vor, könnte eine chronische Verstopfung im Sinne des zu langsamen Transportes (slow-transit-obstipation, 3) oder ein Reizdarmsyndrom (4) vorliegen.

      1.2 Nervensystem und Psyche
      Damit der hochempfindliche Darm gut funktioniert, bedarf es eines ungestörten Zusammenspiels zwischen Darm, Nerven und Gehirn. Da es zudem vielfältige Verschaltungen mit psychischen Instanzen im Gehirn gibt, ist es eigentlich gut vorstellbar, dass das System in vielfältiger Weise störanfällig ist. Ob es Krankheiten der Nerven, des Gehirns oder der Psyche sind: Sie alle können nicht zuletzt auch den Darm lähmen. Die Ursachen reichen von Schädigungen peripherer Nerven (Neuropathien, siehe zum Beispiel Diabetes, 1.4) über Rückenmarkserkrankungen oder -schädigungen bis zu Krankheiten des Gehirns, etwa Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Durchblutungsstörungen, Demenzerkrankungen oder Tumoren. Depressionen oder Ess-Störungen wie die Anorexia nervosa fallen ebenfalls in diese Kategorie.

      1.3 Hormonelle Veränderungen
      Was hat schon die Schilddrüse mit dem Darm „am Hut“? Eine ganze Menge. Es gibt kaum eine Zelle, die nicht von den Schilddrüsenhormonen beeinflusst würde. Dementsprechend kann eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) mit zahlreichen anderen Krankheiten verwechselt werden. Viele Körpervorgänge, so auch der Darm, arbeiten nun bestenfalls im Schneckentempo, da die Nervenfasern extrem langsam schalten. Die lange Leitung im Darm kann zu starker Verstopfung, schlimmstenfalls zur Darmlähmung führen. Ein sogenanntes Megakolon, also ein massiv aufgeblähter Darm, ist lebensbedrohlich, allerdings eine eher seltene Komplikation der Schilddrüsenunterfunktion. Unter anderem können auch geistige Antriebsarmut, eine sehr trockene Haut und starke Kältempfindlichkeit auf die „Ebbe“ bei den Schilddrüsenhormonen hinweisen.

      Bei einer Überfunktion der Nebenschilddrüsen (Hyperparathyreoidismus) beeinträchtigt ein erhöhter Kalziumspiegel im Blut (Hyperkalzämie) die Signalübertragung vom Nerv zum Muskel. Dies gilt auch für die Darmmuskulatur. Die Betroffenen neigen neben Verstopfung unter anderem zu Durst, Nierensteinen, Übelkeit, rascher Ermüdbarkeit, Depressionen, Verwirrtheit. Schlimmstenfalls droht ein Koma. Für die Hormonstörung gibt es wiederum zahlreiche Ursachen. So kann eine Hyperkalzämie zum Beispiel bei Überdosierung von Vitamin D und anderen arzneilich wirksamen Substanzen oder Medikamenten, ferner bei der Sarkoidose und Knochenerkrankungen (auch Tumoren oder Metastasen) vorkommen.

      In der Schwangerschaft, die ja keine Krankheit, sondern eine natürliche Veränderung im Körper der Frau ist, kommt es sehr häufig zur Verstopfung. Einerseits wird der Darm durch den Einfluss steigender Spiegel der Östrogene und Gestagene (weibliche Geschlechtshormone) immer träger, andererseits wird sein Spielraum durch den heranreifenden Embryo und die sich vergrößernde Gebärmutter zunehmend enger. Am besten helfen ausreichende Flüssigkeitsaufnahme, Bewegung und gesunde, faserreiche Ernährung (als Neueinsteigerin bei den Ballststoffen langsam damit beginnen).
    • Fortsetzung ...

      1.4 Zucker- und Mineralstoffwechsel
      Zu hohe Blutzuckerwerte (Diabetes mellitus Typ 1, Diabetes mellitus Typ 2) greifen viele Organe im Körper an, bevorzugt das Gefäßsystem, aber auch Nerven, etwa im Magen und Darm. Diese autonome Neuropathie kann das gesamte vegetative System betreffen, das viele Organfunktionen steuert, ohne unserem Willen zu unterliegen. Im genannten Fall wird die Motilität beeinträchtigt, was zu Verdauungsproblemen, hier: Obstipation, führt. Auch Impotenz, Blutdruckabfälle, vermindertes Schwitzen und gestörte Wahrnehmung von Unterzuckerungen können beispielsweise aufs Konto der autonomen diabetischen Neuropathie gehen.

      Bei Nierenversagen (Niereninsuffizienz) kommt es infolge einer Übersäuerung des Körpers und Vitamin D-Mangels – die Nieren bilden nicht mehr genügend von dem aktiven Vitamin – zur verstärkten Kalziumfreisetzung aus dem Knochen ins Blut. Das bedeutet: Der Kalziumspiegel im Blut steigt an (Hyperkalzämie). Zum weiteren Mechanismus hinsichtlich des Darmes siehe weiter oben bei Punkt 1.3: Hyperkalzämie.

      Hypokaliämie bedeutet Kaliummangel. Hier gibt es wiederum viele Auslöser, nicht zuletzt Abführmittel(-missbrauch), wassertreibende Medikamente (Diuretika), Nierenschwäche, Nebennierenüberfunktion, im Übermaß verzehrte Lakritze und vieles mehr. Die durch den Kaliummangel ausgelöste Verstopfung kann schlimmstenfalls in eine Darmlähmung (paralytischer Ileus) münden. Auch die Blasenentleerung und die Tätigkeit der Skelettmuskeln können dann gestört sein.

      1.5 Amyloidosen und Kollagenosen
      Bei einer Amyloidose lagern sich in der Darmwand unlösliche Eiweißsubstanzen ab. Dies behindert die Darmtätigkeit. Amyloidosen können erblich bedingt auftreten oder eine Folge anderer Erkrankungen sein, darunter Rheuma, Bluterkrankungen, Plasmozytom (auch Morbus Waldenström genannt, gehört zu den bösartigen Lymphomerkrankungen). Auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, die ja den Darm selbst betreffen, kann sich als Spätkomplikation eine Amyloidose entwickeln.

      Kollagenosen sind Bindegewebserkrankungen, die dem rheumatischen Formenkreis zugerechnet werden, zum Beispiel Sklerodermie, Polymyositis und Lupus erythematodes. Bindegewebe ist fast überall im Körper vorhanden – von den Gefäßen über Nerven, Augen und Gelenke sowie Haut bis zu Herz und Darm. Dementsprechend vielfältig sind die zugehörigen Krankheitsbilder. Gerade bei der Sklerodermie ist Obstipation ein häufiges Symptom. Infolge eines Schwunds der Darmmuskulatur, die von Bindegewebe durchsetzt wird, büßt der Darm an Beweglichkeit ein.

      1.6 Medikamente
      Zahlreiche Medikamente können zu Verstopfung führen. Genannt seien beispielhaft Mittel, die die Bildung der Magensäure reduzieren oder blockieren wie H2-Rezeptorantagonisten oder Protonenpumpenblocker, ferner Aluminium- oder kalziumsalzhaltige Magensäurebinder, Codein, Herz- und Kreislauf-Medikamente wie Betablocker, Kalziumantagonisten und wassertreibende Medikamente, sogenannte Diuretika. Weiter kommen in Betracht: Schlaf- und Beruhigungsmittel, Antidepressiva, Medikamente gegen Epilepsie, gegen die Parkinson-Krankheit, gegen Blasenschwäche (Harninkontinenz) und gegen krampfartige Schmerzen (Spasmolytika, zum Beispiel gegen Kolikschmerzen). Starke Schmerzmittel wie Morphinpräparate dämpfen den Darm oft erheblich. Einige von ihnen werden daher von vornherein zusammen mit Abführmitteln verordnet, andere enthalten einen zusätzlichen Arzneistoff, der einer Verstopfung entgegenwirken kann.

      2. Entleerungsstörungen im Bereich des Enddarms / Afters (Outlet-Obstipation)

      2.1 Funktionelle Störungen der Schließmuskulatur
      Der muskulöse, schüsselförmige Beckenboden schließt die Bauchhöhle nach unten ab. Durchlässe gibt es für Harnröhre und Mastdarm, bei der Frau auch für die Scheide. Der Afterschließmuskel ist mit dieser hochkomplizierten Konstruktion eng verwoben. Beim Stuhlgang ist der Beckenboden entspannt.

      Bei Anismus wird der Darmausgang durch eine erhöhte Spannung der Muskelgeflechte blockiert. Der übersteigerte „Anspannungsreflex“ entsteht durch die Bauchpresse. Das Phänomen wird auch paradoxe Schließmuskelverspannung genannt, denn eigentlich soll der willkürlich erhöhte Druck der Bauchmuskeln dabei helfen, den Afterbereich zu dehnen und so die Darmentleerung in Gang zu setzen. Trotz eines eigentlich weichen Stuhls ist der Vorgang schmerzhaft. Eventuell kann Biofeedback-Training dazu beitragen, die Verspannungen abzubauen.

      Auch bei einer Spastik des Schließmuskels im Rahmen einiger seltener neurologischer Erkrankungen oder bei psychischen Störungen kann der Widerstand am Darmausgang erhöht sein.

      Außerdem kommen idiopathische, also ursächlich unklare Störungen der anorektalen Funktionen vor. Manchmal ist hier auch von Beckenbodendysfunktion die Rede. Schließlich kann sich eine Neuropathie (vgl. 1.2, 1.4) auch hier ungünstig auswirken.
      Der Arzt kann die Druckverhältnisse anhand einer Manometrie und ergänzender Messungen überprüfen.

      2.2 Krankhafte Veränderungen in der Enddarm-/ Analregion
      Die Probleme in diesem Bereich reichen von Abszessen (eitrigen Gewebeeinschmelzungen) oder Fisteln (krankhaften Verbindungsgängen, zum Beispiel zwischen Darm und Haut), Verengungen des Analkanals, Afterrissen und Analekzemen über Hämorriden und / oder einen Vorfall der Mastdarm- oder Analschleimhaut (Prolaps), eine Aussackung des Endarms (Zele) bis zu Mastdarm- und Afterkrebs, womit längst nicht alle Erkrankungen aufgezählt sind. Denn es gibt am Beckenboden auch muskuläre Erkrankungen, Fehlbildungen und nicht zuletzt die Absenkung, zum Beispiel nach Schwangerschaften oder im höheren Alter. Da die Afterregion extrem druck- und schmerzempfindlich ist, genügen schon geringfügige Veränderungen oder Reizungen, um Verkrampfungen auszulösen – womöglich zulasten des Stuhlgangs. Um auszuschließen, dass ein organisches Passagehindernis vorliegt, sollten Betroffene sich ein Herz fassen und lieber früher als später zum Arzt gehen.

      3. Langsamer Transport (Slow-Transit Obstipation)

      3.1 Idiopathische Darmträgheit
      Diese Form der (Slow-Transit-) Verstopfung betrifft ganz überwiegend junge Frauen. Sie kommt relativ häufig vor. Die Ursache ist unbekannt, funktionelle oder organische Veränderungen sind nicht fassbar. Möglicherweise liegen aber im Einzelfall doch Veränderungen des komplexen Zusammenspiels zwischen Wahrnehmung und Motorik am Beckenboden vor. Jedenfalls ist diese Verstopfung oft ganz beträchtlich. Als Auslöser werden auch Stress und der willkürlich unterdrückte Gang zur Toilette diskutiert. Die Abgrenzung zum Reizdarmsyndron ist nicht immer einfach. Die Betroffenen sind auf eine sehr genaue und umsichtige Diagnostik sowie gute therapeutische Beratung angewiesen.

      3.2 Unzureichende Nervenversorgung des Darmes
      Ein Beispiel dafür ist die Hirschsprung-Krankheit. Dabei fehlen meist im unteren Enddarmabschnitt die Nervenschaltstationen (Ganglien; insofern auch die Bezeichnung Aganglionose). Der betroffene Darmabschnitt ist eng, und der davor liegende Teil durch Kotstau aufgebläht (Megakolon). Der Schließmuskel kann sich außerdem nicht lockern. Schon im Säuglingsalter kann es zu starker Verstopfung mit aufgetriebenem Bauch, Bauchschmerzen und Tendenz zum Darmverschluss kommen (siehe unten). Jungen sind viermal so häufig betroffen wie Mädchen. Bei geringerer Ausprägung wird die Diagnose manchmal erst im Erwachsenenalter gestellt. Sie ergibt sich unter anderem aus einer Gewebeprobe aus dem Darm. Die Behandung erfolgt meist operativ. Neben der Hirschsprung-Krankheit gibt es noch andere Varianten der „Ganglienstörungen“ des Darms.

      3.3 Erbliche Muskelerkrankungen (Muskeldystrophien)
      Bei Muskeldystrophien werden zahlreiche Formen unterschieden. Die Erkrankungen sind entweder angeboren, oder sie treten im Kindes-, Jugend- oder Erwachsenenalter auf. Im Vordergrund stehen verkümmmernde, geschwächte Muskeln an Armen und Beinen. Muskelschmerzen, Gangstörungen, eine Innenohrschwerhörigkeit, herabhängende Augenlider, Herzmuskelschäden, beeinträchtigte geistige Entwicklung sind weitere mögliche Symptome. Am Darm führt die Muskeldystrophie zu ständiger Verstopfung.

      3.4 Chronische intestinale Pseudoobstruktion
      Dieses eher seltener Krankheitsbild geht mit vorübergehenden Blockierungen des Darms (Episoden mit Symptomen, die einem Darmverschluss ähneln, vgl. 4) einher. Die Ursachen können in einer muskulären oder neuropathischen Störung der Darmwand selbst oder in anderen System-Erkrankungen liegen wie zum Beispiel Amyloidose, Myopathien oder Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes. Manchmal ist auch die Magen- und / oder Blasenentleerung gestört.

      3.5 Chagas-Krankheit
      Die durch Bisse von Raubwanzen übertragene Chagas-Krankheit ist in Südamerika heimisch. Es erkranken nicht nur, aber sehr häufig Kinder. Die eigentlichen Erreger sind Parasiten. Sie greifen das Herz und Gehirn, im weiteren Verlauf auch die Ganglienzellen des Darmes an. Dies führt zu einer starken, mitunter dramatischen Verstopfung, bei der es auch zu einer Darmblockade mit dem Risiko des Durchbruchs kommen kann.

      Akute Verstopfung – Darmverschluss

      Als Folge einer Darmentzündung (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn und andere Entzündungsformen), ferner einer Divertikelkrankheit, aber auch einer Durchblutungsstörung, Strahlentherapie oder Operation können sich narbige Verengungen (Strikturen) am Darm bilden und zum Passagehindernis werden. Möglich sind außerdem Blockaden durch im Darm selbst entstandene Steine (Enterolithiasis, tritt infolge anderer Darmprobleme auf, ist aber eher selten) oder durch einen Fremdkörper im Darm. Manchmal verschließt ein Gallenstein, der die Gallenblasenwand durchbrochen hat, den Darm – meist den Zwölffingerdarm (oberer Dünndarm). Tumoren oder Narben infolge anderer Erkrankungen der Bauch- und Beckenorgane können den Darm ebenfalls verengen oder blockieren, Darmschlingen bei einem Leistenbruch eingeklemmt werden. Auch bei einer akuten Blinddarmentzündung kann die Darmtätigkeit gestört sein. Darüberhinaus gibt es viele andere mögliche Ursachen. Sie alle können zu einer mehr oder weniger akuten Verstopfung bis hin zu einem Darmverschluss (mechanischer Ileus) führen. Das sind Notfallsituationen, die sofortiger Diagnostik und Behandlung in einer Klinik bedürfen. Wichtigste Symptome: Bauchschmerzen oder deutliche Druckschmerzhaftigkeit des Bauches, heftige Darmgeräusche, Übelkeit, sich nicht lösende Überblähung, Erbrechen (eventuell auch von Stuhl). Als lebensbedrohliche Komplikation droht der Übergang in eine Darmlähmung mit Durchbruch des Darmes und Bauchfellentzündung.

      Sonderfall Reizdarmsyndrom

      Diese Diagnose ist nicht einfach zu stellen. Das Beschwerdebild existiert in verschiedenen Ausprägungen und setzt eher in jüngeren Jahren ein. Als Leitsymptom überwiegt entweder Verstopfung oder Durchfall, oder beides tritt im Wechsel auf. Betroffene leiden auch unter Völlgefühl, Druckgefühl im Unterbauch, Blähungen, vor allem aber unter wiederholten, stechenden oder krampfartigen Bauchschmerzen. Sie stehen aber nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Stuhlgang selbst; er bringt vielmehr Erleichterung. Auffällig ist jedoch, dass die Schmerzen oft im Zusammenhang mit Änderungen der Beschaffenheit und Entleerungshäufigkeit des Stuhls stehen. Es gibt Überschneidungen mit Schmerzen, die auch Organen im Bereich des „kleinen“ Beckens, etwa Gebärmutter oder Blase, zugeordnet werden können. Außerdem gibt es Verbindungen zur Fibromyalgie, ein komplexes Krankheitsbild, bei dem oft Muskel-, Gelenk- und Rückenschmerzen im Mittelpunkt stehen, das jedoch auch mit zahlreichen anderen Beschwerden einhergehen kann. Auch die Psyche scheint eine Rolle spielen. Das Reizdarmsyndrom kann manchmal nach einer Darminfektion auftreten.

      Bei der Diagnostik ist das gesamte Know-how des Gastroenterologen gefragt. Zudem müssen – gerade auch bei denjenigen Reizdarmformen, die mit Durchfall oder wechselnder Stuhlbeschaffenheit einhergehen –, Unverträglichkeiten oder Allergien gegenüber Nahrungsmitteln, außerdem chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Darmdivertikel (Ausstülpungen der Darmwand, oft eine Folge der Obstipation, hierbei besteht die Tendenz zur Entzündung und Darmverengung), Tumoren und vieles mehr ausgeschlossen werden.

      Die Therapie des Reizdarmsyndroms richtet sich nach der vorherrschenden Symptomatik. Eine Ernährungsberatung ist ebenso wichtig wie Entspannungs-Verfahren. Für Betroffene, die einem solchen Ansatz positiv gegenüberstehen, wird auch eine Psychotherapie empfohlen.
      Therapie bei Verstopfung

      Die Behandlung der Obstipation reicht je nach Ursache von operativen über medikamentöse Therapien über Entleerungshilfen bis hin zu psychologischen Verfahren. Die Medikamente beinhalten unter anderem verschiedene Abführmittel, die Sie unbedingt nach ärztlicher Anweisung einnehmen sollten. Zu den Entleerungshilfen zählen zum Beispiel Klistiere oder Irrigatoren – auch hier bitte die Vorgaben des Arztes beachten. Auf die Bedeutung eines darmfreundlichen Lebensstils wurde bereits hingewiesen.

      Ballaststoffhaltige Zubereitungen in Form spezieller Füll- und Quellmittel, zum Beispiel Lein- oder Plantago-Samen, können den Faseranteil im Essen steigern und damit den Darm in Schwung bringen, vorausgesetzt, die Flüssigkeitszufuhr stimmt und es stehen der Anwendung keine medizinischen Gründe entgegen.


      Fachliteratur:

      Gerd Herold und Mitarbeiter: Innere Medizin, 2012

      Quelle: Apotheken-Umschau