Rückenschmerzen: Ärzte halten sich immer weniger an Leitlinien

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    • Rückenschmerzen: Ärzte halten sich immer weniger an Leitlinien

      Bildgebende Untersuchungen bei Rückenschmerzen nehmen zu - auch wenn Warnsignale fehlen.

      Bei der Versorgung von Patienten mit Rückenschmerzen zeichnen sich in den USA zwei besorgniserregende Trends ab. Nicht leitliniengemäße Vorgehensweisen kommen immer häufiger zum Einsatz. Gleichzeitig sinkt die Verordnungsrate von Therapien, die in Leitlinien empfohlen werden.

      In allen Leitlinien zur Behandlung von Rückenschmerzen wird der Vorrang einer konservativen Therapie betont. Sie umfasst den Einsatz von Nicht-Opioid-Analgetika und Physiotherapie. Eine frühe Bildgebung und aggressive Therapien sind dagegen ausschließlich denjenigen Patienten vorbehalten, bei denen Alarmsignale („red flags“) wie neurologische Beeinträchtigungen auf eine spezifische Ursache hinweisen.

      Leitlinien sind jedoch eine Sache, ihre praktische Umsetzung ist eine andere, wie eine Studie der Harvard Medical School in Boston deutlich macht. Die Ärzte um Dr. John N. Mafi haben anhand von repräsentativen Daten aus zwei USA-weiten Surveys untersucht, wie sich das Verordnungsverhalten bei Patienten mit Rückenschmerzen zwischen 1999 und 2010 verändert hat.

      Weniger NSAR und Paracetamol, mehr Opioide

      Für ihre Studie konnten sie auf Daten von 23.918 Arztbesuchen zurückgreifen, stellvertretend für 440 Millionen Besuche in dem 12-Jahres-Intervall. Die Zahl der Arztkontakte wegen Rückenschmerzen war von 3350 in 1999/2000 auf 4078 in 2009/2010 angestiegen. Gleichzeitig hatte sich das mittlere Alter der Patienten von 49 auf 53 Jahre erhöht und der Anteil von Patienten mit chronischen Beschwerden zugenommen (von 29,7% auf 37,1%).
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      Die Einnahme von NSAR und Paracetamol war im Studienzeitraum deutlich zurückgegangen, von 36,9% auf 24,5%. Dafür bekamen immer mehr Patienten Opioide verschrieben, anfangs 19,3% und zum Schluss 29,1%. Frauen waren bei den Opioidanwendern allerdings deutlich unterrepräsentiert.

      Doppelt so häufig Abklärung durch zweiten Arzt

      Die Verordnung von Physiotherapie blieb konstant bei etwa 20,0%. Die Patienten wurden jedoch in 2009/2010 doppelt so häufig an andere Ärzte weiterüberwiesen wie in 1999/2000 (14,0% statt 6,8%). Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule wurden, obwohl nicht empfohlen, gleichbleibend bei 17,0% der Patienten angefertigt. Bei Computer- und Magnetresonanztomografien war sogar ein Anstieg von 7,2% auf 11,3% zu verzeichnen. Die Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit und Versicherungstyp änderte nichts an diesen Entwicklungen. Ob die Patienten an akuten oder chronischen Rückenschmerzen litten, machte ebenfalls fast keinen Unterschied. Die Wahrscheinlichkeit für Untersuchungen per CT oder MRT war allerdings besonders hoch, wenn die Patienten einen anderen Arzt als ihren Hausarzt aufgesucht hatten, insbesondere einen Neurologen oder orthopädischen Chirurgen.

      Mafi und Kollegen betonen, dass die Bildgebung bei Patienten mit Rückenschmerzen ohne „red flags“ nachweislich weder einen klinischen noch einen psychologischen Nutzen hat, sondern lediglich die Strahlenbelastung erhöht. Der übermäßige Einsatz bildgebender Verfahren erkläre vermutlich auch den Anstieg bei den „teuren, mit Nebenwirkungen belasteten und oft unwirksamen“ Wirbelsäulenoperationen. Die Bostoner Ärzte haben deswegen eine klare Botschaft: „Beim Management von Rückenschmerzen sind Ausgabeneinsparungen möglich, mit denen zusätzlich die Qualität der Versorgung verbessert werden kann.“

      publiziert am: 13.8.2013 7:00 Autor: Dr. Beate Schumacher Quelle: springermedizin.de basierend auf: Mafi JN et al. Worsening Trends in the Management and Treatment of Back Pain.JAMA Intern Med 2013, online29. Juli; doi:10.1001/jamainternmed.2013.8992

      Quelle: springermedizin.de