Antidepressiva reduzieren Thoraxschmerzen und Sodbrennen

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    • Antidepressiva reduzieren Thoraxschmerzen und Sodbrennen

      Die Symptome der gastroösophagealen Refluxerkrankung können mit Protonenpumpeninhibitoren sehr gut behandelt werden. Bei Patienten mit funktionellen Erkrankungen des Ösophagus können Antidepressiva mitunter die Beschwerden lindern.

      Hintergrund

      Wir sprechen von funktionellen Erkrankungen des Ösophagus, wenn das Beschwerdebild zu einer Ösophaguserkrankung passt, sich aber weder anatomische noch strukturelle Erklärungen für diese Symptome finden lassen. Den Rom III Kriterien folgend werden funktionelles Sodbrennen, funktionelle Thoraxschmerzen mit vermuteter ösophagealer Ursache, Globusgefühl und funktionelle Dysphagie unterschieden. Pathophysiologisch scheint bei diesen funktionellen Erkrankungen eine viszerale Hypersensitivität eine bedeutende Rolle zu spielen. Bei Versagen anderweitiger Maßnahmen kann eine Therapie mit Antidepressiva erfolgreich sein. Während präklinische Studien die Reduktion insbesondere von Schmerzen sehr gut belegen, sind die Informationen aus klinischen Studien in dieser Indikation nur schwer auffindbar, so dass der Weg zu einer Therapie mit einem Antidepressivum nur selten eingeschlagen wird.

      Methoden
      In dem hier diskutierten systematischen Review mit Metaanalyse wurden MEDLINE, EMBASE und das Cochrane Trial Register bis zum Stichtag Februar 2014 nach randomisierten, Plazebo-kontrollierten, klinischen Studien durchsucht, in denen eine Antidepressiva-Therapie im Zusammenhang mit den Symptomen Sodbrennen, Dysphagie, retrosternale Schmerzen oder Globus, oder im Zusammenhang mit experimentell ausgelösten Ösophagusschmerzen untersucht wurden. Die initiale Suchstrategie identifizierte 378 Artikel, aus denen nach einer Durchsicht insgesamt 15 randomisierte klinische Studien übrig blieben, die dem gesuchten Profil entsprachen.

      Ergebnisse
      Acht Studien untersuchten Patienten mit funktionellen Thoraxschmerzen (18-50 Patienten), in vier dieser Studien fand sich eine Symptomreduktion bei Patienten, die entweder mit Imipramin (25-50mg) oder mit Sertralin (50-200mg) behandelt wurden. In den anderen Studien, die Paroxetin, Venlafaxin oder Trazodon untersuchten, fanden sich keine positiven Effekte.

      Sodbrennen im Zusammenhang mit einer GERD wurde in zwei von vier Studien (20-140 Patienten) durch Citalopram (20mg) oder Fluoxetin (20mg) reduziert, Nortriptylin hatte keinen positiven Effekt.

      Globus wurde in einer Studie (30 Patienten) untersucht, die Behandlung mit Amitriptylin (25mg) war der Behandlung mit Pantoprazol (40mg) überlegen.

      Funktionelles Sodbrennen und funktionelle Dysphagie wurden in keiner klinischen Studie untersucht.

      Drei Studien untersuchten experimentell induzierte Ösophagusschmerzen an gesunden Probanden bei denen der Schmerz durch Ballondistension verursacht wurde. Jeweils Plazebo-kontrolliert reduzierten die trizyklischen Antidepressiva Imipramin (25-75mg), Amitriptylin (50mg) und der SSRI Citalopram (20mg) im Akutversuch die Wahrnehmungsschwelle.

      Aufgrund der großen Variabilität bezogen auf Patienteneinschluss, Symptomevaluation, Definition eines positiven Ergebnisses und nicht zuletzt der verschiedenen eingesetzten Antidepressiva verzichteten die Autoren auf das Durchführen einer Metaanalyse.

      Kommentar von Prof. M. Storr:

      "Die besten Ergebnisse werden mit trizyklischen Antidepressiva erzielt"

      Obwohl viele Patienten davon betroffen sind, fristen die funktionellen Erkrankungen des Ösophagus ein Schattendasein. Globusgefühl oder Dysphagie ohne eine anatomische Abnormität oder mit allenfalls unspezifischen Befunden in der Ösophagusmanometrie, nicht kardiale Thoraxschmerzen und Sodbrennen, das sich durch PPI nicht bessert und bei dem in der pH-Metrie kein pathologischer Befund erhoben werden kann, sind häufig und lassen nicht nur den Allgemeinarzt, sondern auch den Gastroenterologen, verzweifeln.

      Der systematische Review bestätigt den Verdacht, dass es für diese funktionellen Ösophaguserkrankungen nur wenige und darüber hinaus zumeist nur sehr kleine klinische Studien gibt. In Anbetracht der Vielzahl der betroffenen Patienten eigentlich ein überraschendes Ergebnis. Die Studie belegt, dass gerade in dieser Indikation hoher Nachholbedarf an klinischen Studien besteht, insbesondere da die Ergebnisse mancher dieser kleinen Studien sehr hoffnungsvoll sind und nur auf eine Bestätigung in größeren, idealerweise multizentrischen, klinischen Studien warten.

      Interessant ist, dass es sich bei den positiven Studien zumeist um Studien handelt, die trizyklische Antidepressiva untersucht haben, und die Mehrzahl der negativen Studien andere Antidepressiva wie SSRI, SNRI oder SARI untersucht haben. Dies erinnert sehr stark an die Studienlage bei anderen funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen, wie zum Beispiel das Reizdarmsyndrom, und unterstreicht eigentlich die Bedeutung der trizyklischen Antidepressiva in dieser Indikation.

      Als Fazit aus diesem systematischen Review verbleibt die Hoffnung, dass für die große Patientengruppe mit funktionellen Ösophaguserkrankungen bald aussagekräftigere klinische Studien durchgeführt werden. Bis dahin sollten, sofern eine Therapie mit einem Antidepressivum gewählt wird, trizyklische Antidepressiva bevorzugt eingesetzt werden.

      publiziert am: 17.3.2015 16:00 Autor: Prof. Dr. med. M. Storr, Zentrum für Endoskopie, Starnberg
      Quelle: springermedizin.de basierend auf: Pim W. Weijenborg , Heiko S. de Schepper , André J.P.M. Smout , Albert J. Bredenoord. Effects of Antidepressants in Patients With Functional Esophageal Disorders or Gastroesophageal Reflux Disease: A Systematic Review Clinical Gastroenterology and Hepatology 2015;13:251–259