Zu dick, um schwanger zu werden?

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      Zu dick, um schwanger zu werden?
      von Petra Fleckenstein

      Hormonstörungen durch überschüssiges Fettgewebe
      Bleibt der Kinderwunsch über einen längeren Zeitraum unerfüllt, besteht der übliche Weg darin, zunächst gemeinsam mit der Frauenärztin/dem Frauenarzt nach möglichen Ursachen zu suchen. Frauen, die einige Pfunde zu viel auf den Knochen haben, erhalten dann oft den für sie überraschenden Hinweis, sie müssten abnehmen. Eine Aufforderung, die viele Frauen mit Unverständnis und sogar Wut zur Kenntnis nehmen. Denn wie so häufig in unserer vom Schlankheitswahn geprägten Gesellschaft fühlen sie sich wegen ihres Äußeren diskriminiert. Nicht allen übergewichtigen Frauen mit Kinderwunsch ist bekannt, dass der Hinweis auf ihre Körperfülle keine Boshaftigkeit ihres Gynäkologen darstellt, sondern dass ein wissenschaftlich erwiesener Zusammenhang zwischen Übergewicht und herabgesetzter Fruchtbarkeit besteht.

      Dabei geht es nicht darum, dass Frauen keine weiblichen Rundungen und Fettpölsterchen mehr haben dürften. Auch allzu dünne Frauen können aufgrund ihres Untergewichts an Hormonstörungen und in der Folge an verminderter Fruchtbarkeit leiden. Wer aber 20 bis 30 Prozent mehr wiegt (BMI über 28) als das mittlere Idealgewicht, der bzw. die ist bereits gefährdet, Probleme mit der Funktion der Eierstöcke zu bekommen.


      Was haben Fettpolster mit einem nicht stattfindenden Eisprung zu tun?

      Manchmal eine ganze Menge, denn durch das überschüssige Fettgewebe kann der Hormonhaushalt der Frau durcheinander geraten. Um diesen Prozess zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass jede Frau eine gewisse Menge an männlichen Hormonen (Androgene) besitzt. Diese werden jedoch vom Körper in weibliche Hormone umgewandelt. Dabei produziert der Körper normalerweise nur so viele männliche Hormone wie für den Hormonstoffwechsel notwendig. Bei starkem Übergewicht kann dieses Gleichgewicht nun gestört werden, weil sich im Fettgewebe Stoffe befinden, die männliche Hormone in der Nebennierenrinde zu weiblichen umbauen. Dadurch wird der Eierstock verstärkt stimuliert, männliche Hormone zu produzieren. Diese sind jedoch eigentlich zu viel und können nicht mehr in weibliche Hormone umgewandelt werden.


      Häufigste Folge: Zysten an den Eierstöcken

      Ist der Hormonhaushalt aus der Balance geraten, hat dies Folgen. Es kann zu Zyklusstörungen kommen, zu unregelmäßigen Blutungen. Das häufigste die Fruchtbarkeit beeinträchtigende Problem übergewichtiger Frauen sind Zysten in den Eierstöcken (Fachbegriff: Polyzystische Ovarien= PCO). Sie entstehen dadurch, dass durch den gestörten Hormonhaushalt die Eireifung nicht mehr ganz abgeschlossen wird. Das heißt, der Follikel fängt an sich zu entwickeln, es entsteht jedoch kein befruchtungsfähiges Ei und es kommt nicht zum Eisprung. Stattdessen entsteht eine Zyste am Eierstock. Dieser wird mit der Zeit deutlich vergrößert und steckt voller kleiner Zysten.

      Die Ursachen der Polyzystischen Ovarien sind nicht restlos geklärt. Aber man weiß heute, dass mehr als die Hälfte der Frauen mit dieser Störung übergewichtig sind. Acht bis zehn Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter haben dadurch einen seltenen oder ganz fehlenden Eisprung. Unter den Frauen mit Problemen schwanger zu werden sind bis zu 35 Prozent vom PCO-Syndrom betroffen.


      Die gute Nachricht: Oft reicht es, nur ein wenig abzunehmen
      "Grundlage jeder sinnvollen Kinderwunschtherapie ist die Gewichtsreduzierung", sagt Dr. Stefan Kissler, Oberarzt an der Frankfurter Frauenklinik. "Bereits fünf Prozent können den Zyklus wieder regulieren." Ein Ziel, das nicht zu hoch gesteckt klingt, um erreichbar zu sein. Trotzdem fühlen sich Patientinnen mit der lapidaren Information, sie müssten einfach abnehmen, häufig abgelehnt, überfordert, alleine gelassen. Sensible ärztliche Beratung und Betreuung bei der Gewichtsabnahme kann da Wunder wirken.

      Neben der Gewichtsabnahme gibt es noch die Möglichkeit, die Eierstöcke durch Medikamente zu stimulieren, zum Beispiel mit Clomifencitrat. Bei erhöhtem Insulinspiegel kann auch eine Behandlung mit Metformin, einem Medikament, das den Blutzuckerspiegel senkt, wieder zu regelmäßigen Eisprüngen führen.

      Grundsätzlich ist die Gewichtsabnahme jedoch nicht nur wegen des PCO-Syndroms erstes und wichtigstes Ziel: Dr. Stefan Kissler: "Aus dem Übergewicht resultieren andere, teilweise schwere Erkrankungen, die für die Patientin auch Kinderlosigkeit bedeuten können, wie zum Beispiel Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen."

      Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben
      Um erfolgreich abzunehmen, ist es sinnvoll, sich Unterstützung zu holen, zum Beispiel durch eine Gruppe mit gemeinsamem Ziel. Es gibt spezielle, von den Krankenkassen anerkannte Programme zur Gewichtsreduzierung. Alle haben gemeinsam, dass sie keine Crash-Diät darstellen, sondern zu einer dauerhaften Ernährungsumstellung anleiten in Kombination mit mehr Bewegung. Denn nur dieser Weg führt dazu, dass das erreichte Gewicht auch gehalten werden kann.

      Quelle: urbia.de