Frieden mit sich und seinem Körper schließen (Langzeitoperierte)

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    • Frieden mit sich und seinem Körper schließen (Langzeitoperierte)

      Hallo ihr Lieben,

      ich spreche jetzt ganz gezielt alle Langzeitoperierten und/oder Langzeitabnehmer/-innen an, die KEINEN dauerhaften Erfolg hatten und wieder deutlich zugenommen haben.

      Habt ihr Frieden mit eurem Körper und Aussehen geschlossen, trotz der Tatsache, dass ihr noch immer übergewichtig und/oder adipös seid?

      Ich habe damit vor einiger Zeit begonnen und DAS war das Beste, was ich jemals tun konnte! Das Allerbeste!

      Mit 5 Jahren wurde ich zum ersten Mal mit Essen getröstet.
      Mit 12 musste ich meine erste FDH Diät machen.
      Mit 22 musste ich das Reiten aufgeben, weil ich über 100 kg wog.
      Mit 28 wog ich 150 kg und absolvierte über 10 Jahre lang sage und schreibe 26 Diäten.
      Mit 33 entwickelte ich eine Binge-Eating-Störung
      Mit 40 wog ich 200 kg und wurde operiert (Sleeve)
      Mit 41 wog ich 110 kg.
      Mit 42 wog ich wieder 200 kg.

      Nach dem OP-Versagen (bitte keine Diskussion, für mich ist das so, was aber nicht negativ ist, ich mache mir da keine Vorwürfe mehr) folgten wieder alle möglichen Diäten der neueren Zeit. Mit den üblichen JoJos von früher.

      2018 habe ich in Eigentherapie meine Binge-Eating-Störung geheilt, worauf ich sehr stolz bin, aber ich esse noch immer ab und an aus emotionalen Gründen.

      Und hier schließt sich der Kreis meiner Eingangsfrage.
      Ich habe Frieden mit mir und meinem Körper geschlossen.
      Ich habe aufgehört, einem BMI oder Zielgewicht entgegenzustreben, nur weil DER gesund sein soll.
      Ich habe aufgehört, irgendwelche Lebensmittel zu vermeiden.
      Ich habe aufgehört, perfekt sein zu wollen.
      Ich habe aufgehört, mich fertig zu machen.
      Ich habe aufgehört, mich zu überfordern.
      Ich habe aufgehört, mich zu hassen.
      Ich habe aufgehört, mich zu sabotieren, egal, auf welche Art und Weise.

      Ich habe für mich erkannt, dass ich nicht 68 kg wiegen muss.
      Dass ich nicht eine ungestörte und normale Esserin sein muss, die niemals emotional isst.
      Das ist so ein Unsinn. Jeder schlanke Mensch, isst schon in dem Moment emotional, wenn er z. B. nach dem Mittagessen ein Eis essen geht, nur weil das Wetter schön ist, er sich gut fühlt. DAS ist KEIN Essen aus Hunger, das hat einen emotionalen Grund und das ist OKAY. Absolut okay.
      Ich muss nicht 100% perfekt und schlank sein.

      Für mich ist es inzwischen absolut in Ordnung auch mit vollem Bewusstsein mal emotional zu essen.
      Ich habe seit einem Jahr keine Essanfälle mehr, aber ich erlaube es mir, wenn es mir gut geht, wenn ich glücklich bin, auch mal etwas aus diesem Gefühl heraus zu essen.
      Ich habe den Druck rausgenommen.
      Die Perfektion.

      Und seitdem geht es mir so viel besser.
      Ich bin entspannt. Esse viel seltener emotional.
      Ich kann mir emotionales Essen verzeihen.
      Ich lerne, meinen Körper so zu nehmen, wie er ist.
      Ich bin okay. Ich bin gut, wie ich bin.
      Auch wenn ich nicht der Norm entspreche.

      Ich habe Frieden mit meinem Körper geschlossen und das fühlt sich so befreiend an.... :=):
      Grüße von Tanni
      RNY-Magenbypass am 24.06.20
      Mein Bypass-Tagebuch
    • So schön geschrieben und tiefgründig <3 danke für diese Zeilen! Du bist mir weit voraus, wenn ich auch "nur" knapp UHU bin. Noch immer schaffe ich es nicht, mich von kistenweise zu enger Kleidung zu trennen, weil ich es nicht fertig bringe, das schlanke bzw. wenigstens normalgewichtige Ideal zu begraben. Du hast meinen großen Respekt!
    • Hallo Tanni

      du hast ja nun schon so einige Achterbahnfahrten hinter dir, deshalb ist es schön, dass du innerlich zur Ruhe kommst und dich dabei besser fühlst.

      Du schreibst allerdings nicht, mit welchem Gewicht du aktuell deinen "Frieden geschlossen hast". Denn genau da gibt es meiner Meinung nach eine sehr feine Grenze zwischen sich annehmen und akzeptieren oder aufgeben und sich gehen lassen.

      Ein Beispiel:

      Wenn dir z.B. noch 5 kg zum Wunschgewicht fehlen und du die irgendwie partout nicht erreichst, dann ist es sicherlich sinnvoll, irgendwann einfach mal zu akzeptieren, dass du das nicht erreichst und besser aufhörst, unrealistischen Zielen hinterher zu jagen. Denn das stresst und macht unglücklich.

      Wenn aber z.B. dein Gewicht in einem Bereich liegt, der ganz sicher ernsthafte Begleiterkrankungen mit sich bringt (wenn nicht schon vorhanden, kommen die - so sicher wie das Amen in der Kirche), dann ist es m.E. nicht mehr genug, damit ins Reine zu kommen. Denn das wird sich irgendwann zum Bumerang entwickeln und da hast du eine gewisse Verantwortung dir selbst gegenüber.

      Mein größtes Vorbild in diesem Thema ist Gaugele, die immer von sich selbst sagt "ich bin nicht schlank und werde es auch in diesem Leben nicht mehr". Aber sie passt trotzdem auf und zieht immer wieder die Reißleine, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen. DAS ist für mich eine gesunde Einstellung zu der Thematik. Sie macht sich nicht kirre mit irgendwelchen Luftschlössern, aber sie passt durchaus auf, dass das Ganze nicht wieder komplett entgleist.

      Diese Balance muss man finden, einfach nur seinen Frieden mit dem Status Quo machen (wenn dieser gesundheitsgefährdend ist) reicht da nicht.

      Also kann ich deinen Post gar nicht so richtig einordnen, denn ich finde schon, dass es wichtig ist, von welcher Position aus man eine solche Einstellung propagiert.

      Trotzdem weiterhin Gute für dich - hast es verdient!

      Chi
      +++
    • Chimurenga schrieb:

      Also kann ich deinen Post gar nicht so richtig einordnen, denn ich finde schon, dass es wichtig ist, von welcher Position aus man eine solche Einstellung propagiert.
      Es geht nicht um mein Gewicht.
      Ich möchte einfach nur wissen, ob die, die es betrifft, Frieden mit sich geschlossen haben und wenn ja, wie das aussieht.
      Ich habe meine Zeilen nur als Beispiel genannt, wie das Frieden schließen bei mir aussieht.

      Und Frieden schließen heißt für mich, weiter abzunehmen, aber ohne Diätenwahnsinn und ohne mich zu sabotieren und ohne perfekt sein zu müssen. Ohne jede Woche auf die Waage zu steigen, ohne jede Woche 2 kg abnehmen zu wollen. Ohne diesen permanenten Druck und Zwang, den ich und auch diverse Ärzte mir auferlegt haben.
      Grüße von Tanni
      RNY-Magenbypass am 24.06.20
      Mein Bypass-Tagebuch
    • Frieden mit dem eigenen Körper ist unglaublich wichtig finde ich.
      Ich war vor 4 Jahren in einer psychosomatischen Klinik und habe mithilfe von Spiegelkonfrontation etc. wirklich Frieden geschlossen.

      Und was mir auch echt geholfen hat, waren meine Tattoos:
      Vorher habe ich immer gesagt, ich lasse mich erst tätowieren, wenn ich Gewicht XY erreicht habe.
      Dann habe ich einfach angefangen und mir die Tätowierer sehr gut ausgesucht.

      Jetzt ist mein körper eine Galerie für Künstler, die ich sehr liebe.
      Und das hat mir sehr geholfen, einen positiveren Blick auf mich selber zu bekommen.

      Zusätzlich habe ich daran gearbeitet, die unguten Beziehungen und schädlichen Verhaltensweisen in meinem Leben zu ändern.

      Und durch diese ganze vorarbeit ( die insgesamt etwa 4 Jahre gedauert hat)war es mir erst möglich, mich meiner Essstörung zu stellen.

      Erst operieren und dann was an den Gründen für das Übergewicht zu machen, ist nicht wirklich der beste Weg: die OP ist so ein krasser Eingriff in alle Bereiche des Lebens, da muss man echt stabil sein, um mit den Auswirkungen klar zu kommen.
    • Ich muss mich Rockschnecke anschließen, es ist wichtig, sich und seinen Körper anzunehmen oder jedenfalls nicht abzulehnen. Auch wenn das schwer ist, ohne Frage. Das muss keine "Liebe" sein, das ist oft gar nicht möglich, nachdem man seinen Körper jahrelang gehasst oder bestenfalls ignoriert hat, es ist halt ein stetiger Prozess mit Rückschlägen und Fortschritten.

      Ich finde es ist wichtig und gesünder sich auf Verhaltensweisen anstatt auf starre Ergebnisse zu konzentrieren. Also zu sehen wie man sich ernährt, bewegt, entspannt (ganz wichtig und leider oft völlig vernachlässigt!) etc. Letztlich kann man nicht steuern, wo man genau gewichtsmäßig landet, außer mit Zwang und das ist letztlich auch schädlich. Deshalb finde ich es auch problematisch, wenn Leute von ihrem "Zielgewicht" sprechen und dieses fast religiös verfolgen. Als Orientierung vollkommen okay aber man kann es nicht erzwingen ohne dadurch bedeutend an Lebensqualität zu verlieren. Auch dieser "UHU" als starre Grenze oder Erhöhung der Abnahme auf einen neuen Erfolgslevel finde ich unsinnig. Gewicht ist nunmal relativ und jemand der 190 groß ist kann mit 105 Kilo sehr zufrieden sein, anders als vielleicht einer, der 155 groß ist.

      Ich habe auch kein Problem damit, wenn einer sagt, ich wiege 250 kilo und bin glücklich. Wichtig ist halt dass man sich die Realitäten und Risiken verdeutlicht und fragt, ob man dann immer noch damit okay ist. Wenn ja, warum nicht. Es ist halt immer eine individuelle Abwägung: was müsste ich machen um dahin zu kommen, wo ich hin will und kann und will ich das.
    • Dazu passt wie ich finde dieses wunderschöne Gedicht :

      .
      Zum Sehen geboren,
      zum Schauen bestellt,
      dem Turme geschworen,
      gefällt mir die Welt.
      Ich blick in die Ferne,
      ich seh in der Näh
      den Mond und die Sterne,
      den Wald und das Reh.
      So seh ich in allen die ewige Zier, und wie mir's gefallen,
      gefall ich auch mir.
      Ihr glücklichen Augen,
      was je ihr gesehn,
      es sei, wie es wolle,
      es war doch so schön.

      Johann Wolfgang von Goethe Damit wünsche ich allen hier einen schönen Sonntagnachmittag!
    • Chimurenga schrieb:




      Mein größtes Vorbild in diesem Thema ist Gaugele, die immer von sich selbst sagt "ich bin nicht schlank und werde es auch in diesem Leben nicht mehr". Aber sie passt trotzdem auf und zieht immer wieder die Reißleine, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen. DAS ist für mich eine gesunde Einstellung zu der Thematik. Sie macht sich nicht kirre mit irgendwelchen Luftschlössern, aber sie passt durchaus auf, dass das Ganze nicht wieder komplett entgleist.
      @Chimurenga WOW - das ist wohl das größte Kompliment, das ich bzgl. Abnahme je bekommen habe ! Danke !

      Es freut mich deshalb so besonders, weil ich mich manchmal mit dem Gedanken etwas alleine fühle, dass ich tatsächlich zufrieden bin, auch wenn ich noch übergewichtig bin und immer sein werde. Allerdings behalte ich auch immer im Hinterkopf, wieviel Lebensqualität ich durch das geringere Gewicht gewonnen habe. Aber das ist total individuell - andere lassen sich mit meinem jetzigen Gewicht überhaupt erst operieren, fühlen sie unwohl, krank und "behindert" - und ich fühle mich einfach nur großartig. Allerdings habe ich natürlich auch den Vergleich mit einem Gewicht von fast 200 kg.

      Tanni, Du hast völlig Recht ! Das wichtigste ist es, sich anzunehmen wie man ist. Weil egal was man wiegt, man ist immer gleich viel wert - aber wenn man selber mit sich nicht zufrieden ist, sich sogar selber ablehnt, wie soll man sich dann etwas gutes tun (und damit meine ich nicht den leckeren Schokoriegel zur Belohnung, sondern etwas, was einem tatsächlich auch in der Seele gut tut). Manchmal hat man das nicht im Griff - sowas kenne ich durchaus auch, obwohl ich kein typischer Emotionsesser bin. Aber wenn man es sich wert ist, auf sich aufzupassen, dann fällt es leichter, diese Phasen zu überstehen und nicht aufzugeben. Ich finde es großartig, dass Du Deinen Weg hierhin gefunden hast. Und ich wünsche Dir, dass Du es schaffst, das beizubehalten und das Leben zu geniessen.

      Mir hat meine beste Freundin letztens einen Satz gesagt, der irgenwie zu meinem Mantra geworden ist - gerade, weil ich momentan eine schwere Zeit durchmache und merke, dass mein Essverhalten auch darunter "leidet". Und wenn ich das merke, hilft mir dieser Satz immens:

      Wenn Hunger nicht das Problem ist, dann ist Essen auch nicht die Lösung
      Liebe Grüße von Gaugele


      Erstgespräch 19.07.2012 mit 186 kg >>> Schlauchi-OP 20.02.2013 mit 169,5 kg >>> BDS 23.01.2015 mit 90 kg
      Mein OP-Bericht Mein OP Bericht Schlauchi am 20.02.2013
    • Der Gedanke, fett zu sein (schreibe ich absichtlich so negativ, weil es Abwertung und Ablehnung von sich selbst gleich mit beinhaltet) hängt bei mir, glaube ich, mit meiner allgemeinen Stimmungslage zusammen. Wenn ich gerade depressiv bin und insgesamt ein schlechtes Selbstwertgefühl habe, dann lässt sich der unperfekte Körper auch prima dafür instrumentalisieren, sich noch weiter runterzumachen.

      Wirklich gehasst habe ich meinen Körper aber nie, oder anders formuliert, ich habe mich nicht gehasst, weil ich dick bin. Sondern die negativen Gefühle waren eh da oder hatten andere Gründe.

      Daher ist es für mich wichtig, insgesamt auf mich zu achten, wie es mir geht. Deshalb bin ich auch in Therapie. Wenn man mit sich selbst insgesamt im Reinen ist, dann ist man es automatisch auch mit dem Körper, denke ich. Man steht dann zu sich selbst, weiß, warum und wie alles so gekommen ist, und muss sich keine Schuld geben bzw. sich damit fertigmachen.
      Schuld ist immer was Negatives, ich denke, es ist besser, sachlich in Ursachen und Folgen zu denken, anstatt in moralischen Begriffen.