"Ich liebe sie"

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    • "Ich liebe sie"

      Kein Gedicht, aber eine Kurzgeschichte, die ich mal für einen Wettbewerb geschrieben hatte. Habs eben beim suchen eines anderen Gedichtes gefunden.. vielleicht gefällts ja :P

      Ich liebe sie. Ihr Haar ist so weich. Es hat die Farbe von dunkler Schokolade. Wenn die Sonne in einem ganz bestimmten Winkel drauf scheint, dann glänzt es leicht rot. Es ist nicht ihre natürliche Haarfarbe, aber es steht ihr unheimlich gut.

      Als ich sie das erste Mal traf, war sie einsam. Das konnte man leicht an ihrer Erscheinung sehen. Sie trug trotz der Kälte eine dünne graue Strickjacke über der weinroten Bluse von Armani. Es ist dieselbe Bluse, die sie jetzt im Moment trägt. Das Haar, diese wunderschönen Locken hatte sie zurückgebunden und hochgesteckt, so dass man den schlanken Hals und ihren Nacken sehen konnte. Die Arme hatte sie eng um ihren schmalen Körper geschlungen. So stand sie da und wartete.

      Ihre Haut ist weiß. Weißer als sonst. Sie erinnert mich ein wenig an eine Porzellanpuppe, wie sie so daliegt. Sie wirkt zerbrechlich. Die großen blauen Augen, die mich bei unserer ersten Begegnung spöttisch angelacht haben, hat sie geschlossen. Sie stand am Bahnhof und suchte nach ihrem Freund. Aber er kam nicht. Was für ein Idiot. Statt ihrem Freund traf sie mich und seitdem habe ich sie nie wieder verlassen.

      Ich liebe jede Bewegung an ihr. Sie ist elegant. Als sie klein war, hat sie Ballett gemacht. Das merkt man an jeder noch so kleinen Geste, an ihrer Körperhaltung, ja sogar wenn sie still liegt, so wie sie es jetzt tut, merkt man, wie ihre Seele tanzt. Ich glaube nicht, dass sie mich an jenem Abend bemerkt hat. Es war schon spät und ich bin nicht der Typ, der einem gleich ins Auge springt. Halb verborgen im Schatten habe ich sie beobachtet. Sie wirkte nicht verloren, sondern selbstsicher. Einsam, aber nicht unglücklich. Ich bin ihr nicht von der Seite gewichen. Ich bin ihr gefolgt, bis sie sicher zu Hause war.

      Sie wohnte in einem kleinen Appartement in der Innenstadt. Es war klein, aber schön. Sie hatte es liebevoll hergerichtet und nannte es immer „ihr kleines Nest“. Später wurde es unser gemeinsames Nest. Sie war nie die ordentlichste Person gewesen, aber ich mochte ihr Chaos. Es hatte eine eigentümliche Gemütlichkeit.
      Ich taste nach ihrer Brust, die sich nicht mehr bewegt. Vor ein paar Minuten noch hatte sie sich immer wieder erhoben, während ein rasselnder Atem durch ihre Lungen ging. Jetzt bewegt sie sich nicht mehr. Dennoch verharre ich so und betrachte ihr friedvolles Gesicht. Ich liebe sie. Sie war immer gut zu mir.

      Als ich das erste Mal mit ihr nach Hause kommen durfte, hatte sie mir ein wahres Festmahl kredenzt. Sie meinte, ich sähe verhungert aus. Ich wollte nur eine Nacht bleiben und dann weiter ziehen, so wie ich es immer tue. Aber sie wirkte so alleine und ich blieb. In der ersten Nacht bei ihr sahen wir zusammen fern: „12 angry men“. Sie sagte, sie liebe Klassiker und das war für mich in Ordnung.

      Sie war schon damals nicht mehr die Jüngste, aber in meinen Augen war sie die schönste Frau auf Erden. Wir lebten beide von ihrer kleinen Rente, die in manchen Monaten nicht einmal für tägliches Essen reichte. Aber wir teilten alles. Leider mochte sie nie, was ich ihr mit nach Hause brachte. Aber sie wusste die Geste zu schätzen.
      Ihr Vermieter wollte nicht, dass ich bei ihr wohnte. Doch sie wollte mich nicht gehen lassen und ich wollte sie nicht verlassen. Wenn jemand von der Hausverwaltung kam, versteckte ich mich im Garten oder ging spazieren, bis derjenige wieder weg war. Dann kam ich nach Hause zurück und wir amüsierten uns gemeinsam über unsere kleinen Tricksereien.

      Ich wollte mich niemals fest binden. Es liegt nicht in meiner Natur, mich an eine einzige Person zu fesseln. Nur bei ihr hat es mir niemals etwas ausgemacht. Sie war für mich die Welt, die Sterne, die Sonne und der Mond. Ich liebe sie.

      Vorsichtig beuge ich mich weiter vor und streiche ihr liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht. Die Falten machen sie schön. Man sieht, wie viel sie in ihrem Leben gelacht hat. Ihr Lachen war rau, so wie ihre Stimme. Dunkel und rau. Es passte eigentlich nicht zu ihrem Äußeren, aber wenn sie leise zärtlich mit mir redete, dann war es, als würde sie schnurren.

      Sanft lege ich mich neben sie und bette meinen Kopf auf meinen Pfoten. Sie hatte kaum Freunde zum Ende ihres Lebens hin. Aber sie hatte mich. Und ich liebte sie. Leise schnurrend schließe ich die Augen und erinnere mich an vergangene Tage.
      Ich habe weder Träume noch Hoffnungen. Ich habe nur Pläne.
    • Ganz, ganz toll, Frau Kuchen!

      Du schreibst soo schön :=):
      Ich bin nicht auf der Welt um zu sein wie andere mich gerne hätten.

      Lieber Gott, bitte schenke mir Geduld. Sofort!!!!

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    • Danke für diese schöne Geschichte ...
      Sollt es mal ein Buch von Dir geben - ich werd´s kaufen!
      Allerdings, der eine oder andere Schweinehund müßt auch drin sein!

      LG wanda
      LG wanda
      Op 03/11 - Größe 174 cm - Maximalgewicht 143 kg - Abnahme über 14 Monate ziemlich konstant.
      : :kaffee10: : Ziel- Lauf - Wunschgewicht erreicht / Halten seit 06/12 - mit "Schwankungen".

      "Humor ist der Knopf, der verhindert, daß der Kragen platzt". Ringelnatz
    • Es gibt/gab eines.. das war nicht so der Hit :P
      Aber wenn du es wirklich lesen magst, kann ich dir ja mal meine "gesammelten Werke" zu einem PDF schnüren zum herunterladen. :D
      Ich habe weder Träume noch Hoffnungen. Ich habe nur Pläne.